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Vom Werden und Wirken unserer Kirchen

Opfikon im Schosse der Kirche Kloten

Anfänge der Pfarrkirche
Die Frage nach der Entstehungszeit einer mittelalterlichen Pfarrkirche ist eng verbunden mit jener, welchem Patron oder Heiligen sie einst geweiht war. Lange herrschte in bezug auf das Gotteshaus von Kloten in dieser Sache Unklarheit, sprach man doch vom heiligen Martin, von St. Peter, von Maria, der Mutter Gottes. Es ist nunmehr aber bewiesen, dass die Kirche von Kloten einst eine Marien- oder Liebfrauenkirche war. Eine Urkunde vom 14. Juni 1400, die den Verkauf des «Birchwiler Hofs» in Breite (Gemeinde Nürensdorf) durch die Kirchmeier von Kloten betrifft, redet klar und deutlich von der «kilehen ze Kloten. . . die in unser lieben frowen Ere gewicht ist». Freilich sagt ein Marienpatrozinium wenig über das Alter einer Kirche aus, weil Maria in der katholischen Kirche zu allen Zeiten solche Verehrung genoss, dass man ihr immer neu grosse und kleine Gotteshäuser weihte. Wenn es einerseits also Marienkirchen gibt, die urkundlich schon im frühen Mittelalter nachgewiesen sind, wie etwa Rickenbach TG und Henau SG, so bedeutet das anderseits nicht unbedingt, dass jene von Kloten auch so alt sein müsse. Sicher bezeugt ist sie erst für das Jahr 1188, als in einer Urkunde ein Leutpriester Anseln: von Kloten genannt wurde.

Pfarrkirche von Kloten
Trotzdem darf man die Pfarrkirche von Kloten als sehr alt ansehen. Da ist einmal die römische Vergangenheit des Ortes. Es hat sich in den letzten Jahren immer häufiger gezeigt, dass frühe Gotteshäuser vorwiegend an «Römerorten» stehen, oft innerhalb der Kastelle oder dann im Gemäuer römischer Villen, wo man das Baumaterial gleich bei der Hand hatte. Kloten mit seinen im Frühmittelalter noch immer benützten Römerstrassen eignete sich vorzüglich für die Errichtung eines kirchlichen Mittelpunktes. Ein weiterer Umstand spricht ebenfalls für hohes Alter: die ausserordentlich grosse Ausdehnung, welche der Sprengel der Klotener Mutterkirche im Mittelalter besass, gehörten zu ihm doch einst alle Siedlungen der heutigen Gemeinden Bassersdorf, Dietlikon, Nürensdorf, Opfikon und Wallisellen, ferner der nördliche Teil von Seebach sowie der Wilenhof mit Ober- und Unterrüti in der Gemeinde Winkel. Kloten war somit eine Grosspfarrei, ja man darf wohl von einer «Urpfarrei» sprechen, die ins 7. Jahrhundert im Verlauf der Bekehrung der Alemannen zum Christentum neu geschaffen wurde und nicht das Ergebnis der Abtrennung aus einem noch älteren Verbande war. Nicht zuletzt weisen auch die grossen Einkünfte der Kirche Kloten auf ein derart hohes Alter hin; über die Umstände und die Urheber der Gründung schweigen sich freilich – wie in gleichgelagerten Fällen – Urkunden und Chroniken aus.

Freiherren von Tengen
Das Patronatsrecht über die Marienkirche Kloten besassen im 13. Jahrhundert die im Zürcher Unterland begüterten Freiherren von Tengen, doch verkauften sie es noch vor 1274 mitsamt dem Kelnhof und weiteren Einkünften in Kloten an das Haus Habsburg, wobei sie jedoch einen Teil des Zehnten für sich zurückbehielten. Dadurch gewann Habsburg das Recht, den Pfarrer zu wählen, ihn dem Bischof zur Bestätigung zu präsentieren und hernach mit der Kirche (der Pfarrpfründe) zu belehnen. Zugleich bezog der Patronatsherr oder Kollator die Einkünfte der Kirche aus Zehnten, Widum und allfälligen andern Gütern, musste aber daraus den Geistlichen besolden und sich an Bau und Unterhalt des Gotteshauses beteiligen. Die Kirche Kloten ertrug dem Hause Habsburg 30 Mark «über den Pfaffen», das heisst, es verblieb ihm dieser sehr stattliche Reingewinn über das hinaus, was es für Leutpriester und Kirchenbau aufwenden musste.

Das Kloster Wettingen als Inhaber des Patronats
Als während des Sempacher Krieges das Kloster Wettingen an der Limmat durch die Raub- und Plünderungszüge der Eidgenossen an seinen Gütern schwer geschädigt wurde, verlieh Herzog Albrecht von Österreich, der Sohn des 1386 bei Sempach gefallenen Leopold, der Abtei das Recht, bei der nächsten Vakanz den Pfarrer von Kloten einzusetzen und während dessen Amtsdauer die Einkünfte der Kirche zu beziehen, was bei dem obenerwähnten Überschuss nicht zu verachten war. Man schrieb damals den 29. Juni 1389; allein, der damalige Leutpriester hatte es mit dem Sterben keineswegs eilig, so dass Wettingen lange Jahre auf die gewährte Vergünstigung warten musste. Zum Trost erneuerte 1405 Herzog Friedrich IV., genannt «mit der leeren Tasche», der Nachfolger und Neffe Albrechts, das Versprechen seines Onkels und erweiterte es in dem Sinne, dass es auch noch für eine zweite Neubesetzung gelten sollte. Auch das war nur ein Wechsel auf die Zukunft, der den damaligen Abt Burkhard von Wettingen nicht befriedigen konnte. Er erreichte es darum, dass Friedrich und seine herzoglichen Verwandten ihm als Ersatz für die einst erlittenen Kriegsschäden den Kirchensatz von Kloten mit Pfarrwahlrecht und Einkünften ohne Verzug und für alle Zeiten übergaben (1406).

Papst Innozenz VII. aber lobte die Gottseligkeit der Habsburger und verfügte, dass die Pfarrkirche Kloten der Abtei Wettingen inkorporiert werde. Eine solche Einverleibung bewirkte unter anderm, dass das Kloster die Pfarrstelle inskünftig durch einen seiner Konventualen versehen lassen konnte und in den Genuss der ganzen Einkünfte der Kirche kam. Anderseits aber erwuchs Wettingen die dauernde Pflicht, in Kloten für den Unterhalt des Chors, der Sakristei, des Turmhelms und des Pfarrhauses zu sorgen.

Die Filialen und ihre Abtrennung
In alten Grosspfarreien mit den sehr weiten Kirchwegen für die abseits wohnenden Dorf- und Hofleute entstanden im Laufe des Mittelalters oft mehrere Filialkapellen, in denen ein Priester oder Kaplan wenigstens einmal in der Woche die Messe las, während für Taufen, Trauungen und Begräbnisse die Mutterkirche aufgesucht werden musste. Die Entstehung solcher Kapellen hing aber auch davon ab, ob ein örtliches Adelsgeschlecht oder die bäuerlichen Einwohner die Mittel zu Bau und Unterhalt stifteten. So besass das verhältnismässig volkreiche Bassersdorf bereits im Jahre 1275 eine Filiale. Bis 1370 aber entstanden ähnliche Andachtsstätten auch in Opfikon, Dietlikon, Rieden, Wallisellen, im Wilenhof bei Oberrüti und auf der Breite, wo die mit Fresken geschmückte St.-Oswald-Kapelle als wertvolles Kunstdenkmal erhalten geblieben ist. Im Jahre 1486 wurde auch in der Burg Rohr eine Kapelle in der Ehre des hl. Antonius geweiht. War es das Kloster auf dem Zürichberg oder waren es die Herren von Opfikon, die –vielleicht im Verein mit den Hofbauern – in Opfikon ein kleines Gotteshaus gestiftet haben?

Vor der Reformation
Schon vor der Reformation machte sich bei weit von der Mutterkirche entfernten Dorfgemeinden die Neigung geltend, ihre Kapelle zu einer Pfarrkirche erheben zu lassen, was bei der Zählebigkeit alter Rechtsverhältnisse manche Schwierigkeit bot. Dennoch gelang es, im Jahre 1509 die Filiale Bassersdorf zur Taufkirche zu machen, ja sie 1518 mit einer eigenen Pfründe zu versehen. Die Reformation konnte also hier bereits weiterbauen; im Jahre 1539 wurde die Kapelle auf der Breite vorläufig, 1550 endgültig eine Filiale der Pfarrkirche Bassersdorf, so dass sie ebenfalls aus dem alten Verband von Kloten ausschied. Dietlikon erhielt erst 1596 eigenen Gottesdienst, der von Zürich aus durch Anwärter (Exspektanten) versehen wurde, während die 1498 neuerbaute Kapelle St. Niklaus in Rieden an Bedeutung immer mehr verlor, als Dietlikon 1683 eine selbständige Kirchgemeinde wurde ; sie wurde im 19. Jahrhundert bis auf den Turm abgebrochen. Die wohl nie bedeutende Kapelle im Wilenhof ging nach der Reformation sang- und klanglos unter, während die dortigen Einwohner noch längere Zeit nach Kloten eingepfarrt blieben. Schliesslich wurde auch Wallisellen vom Jahre 1704 an durch einen Pfarrer aus Zürich mit allen gottesdienstlichen Handlungen versehen, doch erst 1866 schritt man zur Schaffung einer rechtlich selbständigen Kirchgemeinde. Auch in Opfikon blieb nach der Reformation die kirchliche Zugehörigkeit zu Kloten bestehen.

Kirchgemeindeleben nach der Reformation
Mit der von Ulrich Zwingli und dem Zürcher Rat eingeführten Glaubenserneuerung waren die Einwohner Klotens und wohl auch die zur Pfarrei gehörenden Aussenorte rasch einverstanden. Schon im Jahre 1523 verlangten die Kirchgenossen von ihrem Kollator, dem Abt von Wettingen, einen Priester, der ihnen auch am Sonntagnachmittag das Evangelium nach der Bibel verkünde. Der Leutpriester Ulrich Kern hielt nämlich am alten Glauben fest, und er fügte sich erst, als der Zürcher Rat die Drohung aussprach, er werde selbst einen reformierten Pfarrhelfer nach Kloten beordern. Kern musste aber im Jahre 1527 erneut angewiesen werden, in der Kapelle auf der Breite wöchentlich statt zweier Messen eine Predigt zu halten. Da er offensichtlich als reformierter Gemeindepfarrer nicht zu gebrauchen war, wurde er im folgenden Jahre abgesetzt. An seine Stelle trat -zuerst als Helfer, dann als Pfarrherr - Balthasar Trachsel, dem 1535 Hans Kadelburger, ein zum reformierten Glauben übergetretener Konventuale aus Wettingen folgte.

Die innere Umgestaltung der Kirchgemeinde
Durch die Glaubensänderung und durch das Ausscheiden des Zürcher Gebietes aus dem Bistum Konstanz wurde das Kollaturrecht des Abtes von Wettingen nicht hinfällig. Im Jahre 1585 schloss Zürich mit dem Kloster einen Vertrag, wonach der Zürcher Rat dem Abte bei einer Vakanz einen Dreiervorschlag unterbreiten sollte, aus welchem dann der geistliche Herr den ihm genehmen evangelischen Prädikanten auswählte und mit der Pfründe belehnte. Im übrigen aber konnte die Zürcher Obrigkeit als Landesherr auch in der Pfarrei Kloten ziemlich ungehindert schalten und walten, was ja auch bei der schon erwähnten Loslösung der Filialen zum Ausdruck kam. Wichtig war die innere Umgestaltung der Kirchgemeinde.

Ehegaumer und "Stillstand"
Die alten Kirchenmeier oder Kirchenpfleger, die sich einzig mit der Verwaltung der zur Pfarrkirche gehörenden Güter zu befassen hatten, genügten nicht mehr. Da es Zwingli nicht zuletzt um eine moralische Hebung des Volkes ging, führte man die «Ehegaumer» ein, Männer, die sich mit der Aufsicht über die Sitten des im Spätmittelalter etwas verwilderten Volkes zu befassen hatten (mhd. goumen = «Aufsicht haben, auf etwas acht geben»). Für jedes Quartier einer grösseren Ortschaft sowie für die kleineren Dörfer oder Hofgruppen einer Pfarrei wurde je ein solcher Sittenwächter bestimmt. Die Gesamtbehörde hiess Stillstand, weil ihre Mitglieder jeden Monat einmal nach dem Gottesdienst «stillzustehen» hatten, um in der leeren Kirche mit dem Pfarrer die Angelegenheiten der christlichen Gemeinde zu besprechen. Es galt als eine ziemlich schwere Zusatzstrafe, wenn ein Land- oder Obervogt verfügte, ein Missetäter sei vor den Stillstand zu stellen, wo ihm der Pfarrer eine Strafpredigt hielt.

Dem Stillstand von Kloten gehörten im Jahre 1634 an : Pfarrer Hans Kaspar .Schinz (1582-1650), der den Vorsitz führte, zwei Kirchenpfleger aus Kloten, die das Kirchengut verwalteten, der Kapellenpfleger von Opfikon, der Kapellenpfleger von Wallisellen, vier Ehegaumer aus Kloten, von denen jeder einen Dorfteil zu betreuen hatte, je ein Ehegaumer aus Wallisellen, Opfikon, Geerlisberg und dem Wilenhof. Wenn der Untervogt des Unteren Amtes der Grafschaft Kyburg seinen Wohnsitz in der Pfarrei Kloten hatte, war auch er ein gewichtiges Mitglied des Stillstandes. Im Jahre 1634 war der Kapellenpfleger von Opfikon, Felix Wismann, zugleich Ehegaumer, so dass der Stillstand damals nur zwölf, nicht dreizehn Mitglieder umfasste. Später schien ein einziger Ehegaumer für Opfikon-Oberhausen-Glattbrugg nicht mehr zu genügen, so dass sowohl Opfikon wie Oberhausen ihren Aufseher erhielten.

Pfarrbücher
Mit der Reformation wurde auch die Führung von Pfarrbüchern eingeführt, und zwar zuerst jene der Tauf- und Eheregister, erst später auch die Verzeichnung der Todesfälle. So sind also für 1526 jeweils die ersten Rödel über getaufte Kinder und getraute Paare zu erwarten; da aber viele dieser ältesten Aufzeichnungen verloren gingen und sich die Pfarrer bei ihrer Führung oft auch etwas nachlässig erwiesen, reichen die Register selten so weit zurück. Kloten aber steht bezüglich dieser wertvollen Quellen zur Familienforschung recht gut da, beginnen doch die Taufeinträge mit dem Jahre 1536, jene über die Ehen mit 1558 und jene über die Verstorbenen mit 1560. Dieser Umstand kommt natürlich auch unserer Kenntnis über die Geschlechter von Opfikon, Dietlikon und Wallisellen zugute, die damals noch in Kloten eingepfarrt waren.

Sittenmandate
Auch Opfikon bekam die väterlich-strenge Aufsicht der reformierten Obrigkeit, bei welcher sich Kirche und Staat stets in die Hände arbeiteten, zu spüren, besonders als sich im 18. Jahrhundert der «Segen» der Sittenmandate immer dichter über das Landvolk ergoss. Es ist bekannt, wie sehr - oft auf Betreiben der Pfarrer - man Jungen und Alten die Freuden des Daseins beschnitt.
Mit Recht aber schritt man gegen wirklich gemeine Taten ein. An einem Sonntag im Jahre 1766 mussten sich sieben Leute aus Opfikon in der Kirche Kloten auf einen Extrastuhl unter der Kanzel setzen. Sie hatten eine Tochter verleumdet und falsche Zeugenaussagen gemacht. Der Pfarrer hatte, gemäss damaliger Gepflogenheit, den obrigkeitlichen Befehl, seine Predigt ganz auf die Fehlbaren auszurichten. Die weltliche Macht aber züchtigte dieselben mit je zehn Streichen an der Stud, 25 Pfund Genugtuung an die Geschädigte und 60 Pfund Busse an das Landvogteiamt.

Armenwesen
Neben Ehestreitigkeiten, Vaterschaftsfragen, Trunksucht und Verstössen gegen die Mandate beschäftigte den Stillstand vor allem das Armenwesen, das früher ganz den kirchlichen Behörden überbunden war. In welcher Weise in Opfikon und Glattbrugg für die Armen und Kranken gesorgt wurde, ist im Kapitel «Soziale Einrichtungen» ausführlich geschildert.
Auch die alte Landschule war ein Kind der Reformation und daher der Kirche unterstellt. Oberste Behörde war der Examinatorenkonvent in Zürich, während in den Kirchgemeinden der Pfarrer die Aufsicht führte. Hierüber findet sich Näheres im Kapitel «Aus der Geschichte der Schule Opfikon».

Der Neubau der Mutterkirche
Im Laufe des 18. Jahrhunderts setzte in den Gottesdiensten zu Kloten, obwohl mehrere Filialen nun von ihr getrennt waren, ein immer ärgeres Drängen ein, denn durch das Bevölkerungswachstum war die Kirche zu klein geworden. Ein unerwartetes Ereignis kam den Klotenern zu Hilfe. Am 7. August 1783 schlug der Blitz in den Kirchturm; der kalte Strahl zündete zwar nicht, zerschmetterte aber den tragenden Baum des Spitzhelms von zuoberst bis zum Fuss. Als genau sieben Monate später noch eine Schneelawine während der Kinderlehre mit mächtigem Getöse aufs Kirchendach fiel, wurde man sich bei näherem Zusehen der Baufälligkeit des ganzen Gotteshauses bewusst. In den langen Beratungen war Pfarrer Ulrich Brennwald (1716-1794) gegen einen Neubau der Kirche, während der Stillstand unter der Führung von Untervogt Hans Jakob Schärer sich für einen solchen einsetzte.

Nachdem man einen Kostenvoranschlag des Wettinger Klosterbaumeisters Johannes Grubenmann aus der Familie der berühmten Appenzeller Kirchen- und Brückenbauer für zu hoch befunden hatte, entschied man sich dennoch für eine neue Kirche. Baumeister Hans Jakob Haltiner aus Altstätten im St. Galler Rheintal hatte ein Angebot von 11 500 Gulden gemacht, freilich mit der Bedingung, dass die Gemeinde das Fundament auf ihre Kosten aushebe, die Baumaterialien unentgeltlich auf den Platz liefere und täglich sechs Handlanger stelle. Die Zürcher Obrigkeit war bereit, mit einem Darlehen von 15 000 Gulden zu vier Prozent Zins beizuspringen; einen weiteren grossen Betrag wollte man durch den Verkauf der «Kirchenörter» an die Familien zusammenbringen. Am 7. Juni 1785 wurde der Grundstein für das neue Gotteshaus gelegt, das man nach erstaunlich kurzer Bauzeit am 22. Oktober 1786 einweihen konnte. In der Zwischenzeit hatte man die Gottesdienste in einer an das Schulhaus angebauten Baracke abgehalten, wobei der Pfarrer aus dem Schulhaus heraus predigte.

Glockenturm
Man hatte geglaubt, es ohne einen neuen Turm machen zu können; als man aber die alte Kirche abtrug, gewahrte man, dass der Turm in keinem richtigen Mauerverband mit ihr gestanden hatte und ihm sogar ein solides Fundament fehlte. Nun erinnerten sich die Gemeindevorsteher daran, dass der Abt von Wettingen als Kollator auch seinen Teil an das reformierte Gotteshaus beizutragen hatte, doch war man der etwas zu weit gehenden Meinung, er hätte gleich für den ganzen Glockenturm aufzukommen. Der Abt wollte daher den Rechtsweg beschreiten, erklärte sich aber bereit, zu einem billigen Vergleich die Hand zu bieten. Zugleich meinte er, ein Urteil des Zürcher Rates wäre ihm lieber als ein solches des kyburgischen Grafschaftsgerichtes (des Untern Amtes), wo seine Gegenpartei Sitz und Stimme habe.
Man nahm es dem geistlichen Herrn sehr übel, dass er die erste Instanz umgehen wollte, und bedeutete ihm, er habe ja immer noch die Möglichkeit, an Bürgermeister und Rat zu appellieren. Das Grafschaftsgericht urteilte schliesslich, das Kloster Wettingen habe den Turm vom Erdboden bis auf 40 Fuss Höhe zu bauen, die Gemeinde ihn dann weiter emporzuführen, worauf der Abt noch den Helm daraufsetzen müsse. Beim Abbruch des alten Turms verfuhr man in der umgekehrten Reihenfolge. Zunächst brauchte es noch eine Mahnung des Kyburger Landvogtes, bis der Abt am 17. April 1787 seine Bauleute auf den Platz schickte, um den alten, schadhaften Helm abzutragen. Dann holte die Gemeinde Uhr und Glocken herunter und brach die Mauern bis auf Chorhöhe ab ; den Rest besorgte wiederum das Kloster. Beim Neubau hatte dieses das ganze Gemäuer bis zur Höhe des Kirchenschiffs - ohne Dach - aufzuführen, die Gemeinde setzte das Werk bis auf 100 Fuss fort, worauf im Laufe des Sommers 1790 die Wettinger Bauleute noch die charakteristische Kuppelhaube aufsetzten.

Kirchweihe 1790
Auf die Kirchweihe 1790 wurden die alten Glocken wieder in den Turm gezogen und Ende November mit dem Baumeister die «Letze» getrunken. (Erst 1874 konnte sich der Kanton Aargau, Rechtsnachfolger des inzwischen aufgehobenen Klosters Wettingen, von seinem kostspieligen Miteigentum am Klotener Turm loskaufen durch Zahlung von 8230 Franken an die Kirchgemeinde Kloten.)  Die ganze Kirche mit Turm kam auf eine Summe von 25 000 Gulden zu stehen, ein Betrag, der bei allen nötigen Vorbehalten bezüglich Kaufkraft und Währungsparitäten in der Grössenordnung von zwei bis drei Millionen Franken liegt.
Die Kirche Kloten war auch eine entsprechend grosse architektonische Leistung. Haltiner, ein Schwiegersohn des Baumeisters Hans Ulrich Grubenmann, der unter anderm die grossartige Kirche in Wädenswil geschaffen hat, muss eine eigenartige Persönlichkeit gewesen sein. Er soll erst mit 40 Jahren von seiner Frau das Schreiben erlernt haben, so wie er die ganze Technik der hölzernen Binder, Verstrebungen und Hängewerke von seinem Schwiegervater übernahm und intuitiv weiterentwickelte. Neben Kloten erinnern vor allem die Gotteshäuser Horgens und seiner Heimatgemeinde Altstätten an das Wirken dieses Baukünstlers, der mit seinen Auftraggebern nie einen Prozess zu führen hatte und welchem Dank und Anerkennung mehr wert waren als alles andere Entgelt. (Die drei letzten Abschnitte zum Teil nach H. Wettstein, Chronik der Kirchgemeinde Kloten.)


Quelle: Opfikon Glattbrugg Oberhausen - Einst und jetzt 1969