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Opfiker Brauchtum

Erhalt des Brauchtums
Die überlieferten Sitten und Gebräuche bilden ein wesentliches Element des dörflichen Zusammenlebens. Sie sind ein Bindeglied zwischen den Einwohnern und vermitteln besonders der Jugend Eindrücke, welche oft während des ganzen Lebens wachbleiben und zu den schönsten Erinnerungen zählen. Deshalb gibt man sich vielerorts Mühe, das Brauchtum zu erhalten und bewusst zu pflegen.

Räbeliechtli-Umzug
Seit Menschengedenken schnitzten die Kinder jeweils im Herbst ihr "Räbeliechtli", eine ausgehöhlte weisse Rübe, mit eingeschnittenen Zeichnungen verziert, welche unter dem Schein der eingesetzten Kerze aufleuchteten. - Vor einigen Jahrzehnten kam dann in Glattbrugg der Brauch auf, diese Räbeliechtli-Kinder an einem Novemberabend im Umzug durch die Strassen zu führen, begleitet von der Dorfmusik.
Warum ist dieser Brauch eingeschlafen? Wohl weil es heute bei den Bauern keine Räben mehr gibt und weil der Autoverkehr einen Umzug kaum mehr duldet. Vielleicht aber auch, weil niemand mehr die Sache an die Hand nimmt.

Opfiker Chlaus
Durch die Strassen von Opfikon geht jeweils am 6. Dezember nach dem Eindunkeln in würdigem Schritt eine seltsame Gestalt, mit wallendem Bart, sonst aber gar nicht wie der landesübliche Samichlaus gekleidet, sondern in weissem Hemd und schwarzer Weste, also trotz der kühlen Jahreszeit hemdärmlig. Jeder Schritt lässt ein über die Schultern gehängtes Glockenspiel erklingen. Auf dem Kopf aber prangt eine grosse, seltsam geformte Krone, an welcher farbige Figuren geheimnisvoll in die Nacht hinausleuchten. Es ist der Opfiker Chlaus, welcher seit jeher in gleicher Weise erscheint und auf den auch heute noch ebenso wie im vorletzten Jahrhundert die Kinder voller Ungeduld und Bangen warten. Er verteilt Äpfel, Nüsse und weitere gute Dinge, aber auch Fitzen, und ermahnt die Kleinen, brav zu sein. Dieser Brauch ist auf das Dörfchen Opfikon beschränkt. Er liegt in der Hand der ältesten Schüler und überträgt sich also von Jahrgang zu Jahrgang.

Schulsilvester
Dieser landesübliche Brauch, die Siebenschläfer mit Johlen, Geschelle und Hörnergetön zu wecken und dabei allerhand Schabernack zu treiben, ist bei uns noch recht lebendig und findet glücklicherweise das Verständnis der meisten Einwohner, solange keine Sachbeschädigungen vorkommen. Verschwunden dagegen oder doch zurückgegangen ist der Brauch, dass die der Schule entwachsenen Burschen jeweils in der Silvesternacht allerlei Streiche spielten. Da musste z. B. ein Bauer am folgenden Morgen seine Mistbänne, seinen Wagen irgendwo im Dorfe suchen oder seine 100 Bohnenstickel, die im weiten Feld verstreut eingesteckt worden waren, wieder einsammeln.

Bächtelistag
Am Abend des zweiten Januars kam früher die ältere Jugend bis hinauf zum Heiratsalter in Bauernstuben zusammen zum "Bächtele". Jedes brachte Nüsse, Birnenwecken und andere gute Dinge mit zu fröhlichem Schmaus. Unter Spass und Spiel, wobei die Pfänderspiele bevorzugt waren, verging die Nacht im Nu.
Dieser heute kaum mehr geübte Brauch muss sehr alt sein, denn schon 1765 hat eine solche "Bächtelete", wie Pfarrer Brennwald berichtet, bedrohliche Folgen gehabt. Als Beispiel für die damaligen strengen Sitten sei der Vorfall kurz geschildert: Die am 2. Januar zu einer Spinnstubete versammelte Klotener Jugend spielte "Schemelreiten". Von den in Einerkolone aufgestellten Burschen stützte sich der vorderste rumpfbeugend auf einen Schemel. Jeder weitere bückte sich ebenfalls und hielt sich am Vordermann. Die Mädchen aber setzten sich auf diesen Tausendfüssler und ritten mit grossem Hallo durch die Strassen des mitternächtlichen Dorfes. Dieser harmlose Vorfall aber erregte höchste Bedenken bis hinauf zum Landvogt von Kyburg. Die Sünder sollten zur Strafe an die Stud kommen, also an einen Pfahl gebunden und mit Ruten gepeitscht werden. Das dünkte den Pfarrer indessen doch zu arg; er setzte sich für die Betroffenen ein und erreichte, dass man sich mit einem Verweis begnügte.

Kirchweih
Ein festlicher Anlass auch für die Leute von Opfikon und Oberhausen war jeweils die Kirchweih von Kloten. Seltsamerweise, offenbar bedingt durch die Zürcher Sittenmandate, durfte dabei aber vor 1800 weder aufgespielt noch getanzt werden und die Ehegaumer wurden vom Pfarrer alljährlich veranlasst, Kontrolle zu üben. Derjenige von Oberhausen berichtete allerdings 1762, ungeachtet seiner Mahnung habe man "beim Glattbruk-Wirth gedanzet und Kilbe gehalten". Der Stillstand beschloss dann, dass "dies Verbrechen an Herrn Obervogt solle geläidet (angezeigt) werden", offenbar mit Erfolg, denn im folgenden Jahr ging es auch in "Glattbruk" ohne Tanz ab. - Schon im Jahrhundert zuvor hatte sich der Pfarrherr von Kloten 16 Jahre lang bemüht, die beim und im Wirtshaus Glattbrugg veranstalteten Volksfeste abzustellen. Doch der weltliche Arm zeigte damals wenig Hilfsbereitschaft; der zuständige Obervogt gestattete die Lustbarkeiten dann jeweils doch wieder.

Fasnacht
Heute ist bei uns ausserhalb der Wirtschaften kaum etwas von der Fasnacht zu spüren, abgesehen von den Kindern, welche sich als Prinzessin und Cowboy auf der Strasse tummeln. Noch vor einigen Jahrzehnten aber gehörte in Opfikon ein Fasnachtsumzug zur Tradition. Auf diesen Anlass hin wurde nächtelang höchst geheimnisvoll gebastelt, gesägt, gehämmert und geschneidert, bis das Wunderwerk eines oder mehrerer Sujet-Wagen fertiggestellt und die Mannschaft kostümiert war. Am Montag der Bauernfasnacht zog man dann mit Pferdegespann durchs Dorf und die benachbarten Ortschaften, vielleicht zum Ärger der aufs Korn Genommenen, sicher aber zur Freude aller übrigen.

Von einem solchen Umzug wird in Opfikon noch heute gesprochen, da er in Kloten zu einer übeln Schlägerei führte, und zwar, um es vorwegzunehmen, infolge eines Missverständnisses:
Im Jahr 1905 erhielt Kloten ein neues Geläute, wobei die Glocken die Aufschrift "Kirchgemeinde Kloten-Opfikon" trugen (und auch heute noch aufweisen). Das erregte nun in Kloten den Bürgerstolz, da ja während den Jahrhunderten die Kirchgemeinde nur den Namen "Kloten" getragen hatte. Ein Rekurs ging bis vor den Regierungsrat, wurde aber abgewiesen. - Gleichzeitig entstand ein Streit um die Echtheit einer der gelieferten Glocken. Jemand vermutete, es handle sich um ein altes Stück, dem lediglich die neue Aufschrift aufgelötet worden sei. Er sandte daher drei Burschen auf den Turm, welche aber beim vorsichtigen Feilen feststellen mussten, dass keinerlei Spuren von Zinn vorhanden waren.

Die Mär
Diese Vorkommnisse liessen nun in Opfikon die Mär entstehen, die Burschen hätten versucht, die Aufschrift "Opfikon" zu entfernen, und dieser Verdacht diente dann an der folgenden Fasnacht als Sujet. Kein Wunder, dass die Klotener hitzig wurden, als der Wagen bei ihnen vorfuhr, beladen mit Glockenattrappen, an denen dubiose Gestalten mit Feile und Meissel hantierten.
So ist der Hergang in Wettsteins Kirchenchronik nachgewiesen. In Opfikon aber geistert noch heute die anrüchige Geschichte über das Attentat auf den Namen Opfikon umher, und lange Zeit blieb deswegen zwischen den beiden Ortschaften eine Missstimmung zurück, bis dann 1936, bei der 150-Jahrfeier der Kirche, die Gemeinden sich wieder in fröhlicher Stimmung zusammenfanden.


Quelle: Opfikon - Stadt am Stadtrand 1980