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Vom Kommen und Gehen der Geschlechter

Urkundlicher Überlieferung
Es hängt stets vom Zufall urkundlicher Überlieferung ab, zu welchem Zeitpunkt man die Namen bäuerlicher Geschlechter und Einzelpersonen erfährt. Oft führen solche Erstnennungen recht weit zurück, bis nahe an die Epoche, in welcher die Familiennamen der Landbevölkerung überhaupt erst entstanden (zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts).

Die ältesten Opfiker
Der erste mit Namen bekannte Einwohner von Opfikon hiess um 1300 Heinrich von Wetzwil, und man muss sich fragen, ob die Zugabe zum Taufnamen schon als Familienname gewertet werden darf oder ob einfach die Herkunft aus jenem Weiler in der heutigen Gemeinde Herrliberg gemeint war. Der Mann war Leibeigener des Klosters Einsiedeln und wurde damals zu Unrecht von den Herren von Landenberg für Dienste beansprucht. Als älteste Opfiker aber darf man Chuonr. (Konrad) und Ulr. (Ulrich) uf der Fluo betrachten, denen wir am 23. April 1325 auf der Mühle Opfikon begegneten. Vermutlich deutet die Bezeichnung «auf der Fluh» auf jene Geländerippe hin, die sich vom Bubenholz bis in das Dorf Opfikon erstreckt; der ursprüngliche Wohnplatz der Familie erhob sich wohl über einer Stelle, wo der Fels offen zutage trat. Schon 1369 hatte sich die einstige Ortsangabe zum Familiennamen Fluoman, «Fluhmann», gefestigt. Wir sahen früher, dass sich ein Zweig des Geschlechtes in Zürich einbürgerte, worauf es in der alten Heimat allmählich ausstarb.

Im gleichen Jahre, 1325, am 11. November, erscheint auch der Name eines frühen Bewohners von Oberhausen: Ulrich der Kelner von Oberhusen wirkte damals als Zeuge für das Grossmünsterstift; der gleiche Mann wird zehn Jahre später auch durch einen Zinsrodel der Propstei bestätigt. Der Familienname Keller kommt in Oberhausen auch im folgenden Jahrhundert noch vor.

Geering und der Wüst
Am 7. Mai 1390 hielt Heinrich Rapp von Opfikon an Stelle seines Vogtes Heinrich Biberli in Opfikon Gericht. Unter den Zeugen fanden sich an jenem Tage ein: Cuonrat Fluoman, Heinrich Gerung, Rudolf Wüst und Heinrich Schnider, unter denen wir also bereits die beiden für Opfikon und Oberhausen typischen Geschlechter der Geering und der Wüst vertreten sehen. Dass die damals zahlenmässig schon starken Gerung/Geering 1395 den Fronhof mit Mühle als Lehen erhielten, haben wir früher gesehen. Gleichzeitig war damals ein Konrad Füger anwesend, doch verschwand der Name bald wieder aus Opfikon.
Am 16. November 1411 war Johannes Rapp, wohl der Sohn des obigen Heinrich, als Untervogt des Vogtherrn Heinrich Biberli zum Zeugen berufen, und zwar neben dem Wagner Konrad Füger, Johannes Rinderknecht, Konrad und Rudolf Geering.

Fäden nach Winterthur
Nur vorübergehend – um 1432 – tritt in Opfikon ein Welti Girstling auf; dieser Familienname kommt auch im Jahrzeitenbuch der Stadtkirche Winterthur im 15. Jahrhundert vor, wo merkwürdigerweise einer der Girstling ebenfalls Walther heisst. Dass Fäden nach Winterthur liefen, haben wir bei den Lehensverhältnissen des Fronhofs festgestellt. Mit den Zürcher Steuerbüchern des 15. Jahrhunderts erhalten wir dann bessere Querschnitte durch Bevölkerung und Familiennamen, und zwar zuerst für Oberhausen, werden uns doch bereits 1401 Ulrich und Hans die Wüsten, gebrüder von Oberhusen, als Steuerzahler genannt. Auch die Keller waren noch nicht verschwunden, hielten sich aber zeitweise in Zürich auf. So steuerte der Keller von Oberhusen, der im Niederdorf im Haus zur «Gans» wohnte, im Jahre 1417 14 Schilling ; im Jahre 1425 gaben Witwe und Tochter noch 6 Schilling. Von 1420 bis 1435 erscheinen mehrere Keller von Oberhausen als Zeugen, wobei man als Wohnsitz wohl den Grossmünsterhof vermuten darf. Aufgeführt unter Seebach zahlte noch 1442 ein Keller von Oberhausen die ansehnliche Steuer von 6 1/2 Pfund. Blicken wir wieder nach Opfikon, so findet man dort für das Jahr 1425 folgende fünf Haushaltvorstände: Hans Wüst, Bertschi Müller, der wahrscheinlich mit dem Bertschi Geering von 1432 identisch ist, Heini Rapp, Heini Kessler und Meister Geering.

Querschnitte
Für das Steuerjahr 1467 ergeben sich sodann folgende Querschnitte : In Opfikon waren die Familiennamen Schwab, Lufinger, Bertschinger, Bosshart, Hanselmann, Hofmann und Bachmann vertreten. Ein Pauli Bachmann und ein Heini Bachmann hatten schon um 1440 die Offnung des Dorfes mitbezeugt. In Oberhausen lebte damals Heini Wüst mit vier Vettern, Heinz Meyer mit seiner Haushaltung und als vorübergehende Erscheinung Ueli Rötteler. Die Mühle Glattbrugg wurde von Jäckli Müller betrieben.

Bevölkerungsverzeichnis
Ein unvollständiger Rodel, der auf 1442 datiert wird, nennt bereits einen Hensli Switzer (Schweizer), der merkwürdigerweise in den Steuerbüchern von 1467 bis 1470 fehlt; erst 1530 ist wieder ein Hennsli Schweizer als Inhaber von Gütern in Opfikon bezeugt. Bereits 1469 traten die Namen Schmid und Hintermeister auf, 1470 das nachmals so zahlreiche Geschlecht der Wismann. Es mag erstaunen, dass Opfikon im Jahre 1467 nur sieben Haushaltungen zählte, was einer Bevölkerungszahl von etwas mehr als 40 Seelen entsprechen mochte. Doch muss man sich darüber im klaren sein, dass im ausgehenden Mittelalter unsere Dörfer allgemein noch sehr klein waren. 150 Jahre später zeigte das Bevölkerungsverzeichnis von 1634 die folgenden Zahlen:

Opfikon: 26 Haushaltungen, 148 Einwohner
Oberhausen: 9 Haushaltungen, 67 Einwohner
Glattbrugg (ohne die Mühle): 2 Haushaltungen, 8 Einwohner

Im Jahre 1670 lauteten die Angaben:

Opfikon: 39 Haushaltungen, 203 Einwohner
Oberhausen: 15 Haushaltungen, 112 Einwohner
(mit Schmiede und Wirtshaus Glattbrugg)

Im Jahre 1710 zählte Opfikon 242 Seelen, Oberhausen 119, während in Glattbrugg die Haushaltungen des Wirtes Hans Ulrich Hofmann und des Schmieds Hans Bruppacher 14 Seelen ausmachten. Einige knappe Querschnitte zeigen das Kommen und Gehen der Geschlechter, wobei einige Familien eine beträchtliche Standfestigkeit aufwiesen. Für Opfikon sind im Jahre 1670 folgende Familiennamen bezeugt:
Dübendorfer, Güttinger, Hintermeister, Hug, Mathys, Ringger, Schweizer, Stauber, Steffen, Trüb, Wintsch, Wismann, Zimiker. Von diesen verschwanden bis 1710 die Stauber, Steffen, Trüb und Zimiker wieder, während neu hinzukamen : Baur, Brunner, Eberhard, Krebser, Lamprecht, Meyer, Rathgeb und Wegmann. Die Bürgerfamilienregister von 1833 zeigen sodann, dass die Baur, Eberhard, Lamprecht, Rathgeb und Wegmann wieder ausgeschieden waren; dafür gab es nun unter den Bürgern auch Altorfer, Erni, Fretz, Grimm, Keller, Morf, Müller und Näf. Interessant ist, dass die Geering 1670 nicht mehr in der Gemeinde vertreten waren; sie blühten aber in der Nachbarschaft weiter und kehrten vor 1833 wieder nach Opfikon zurück. Auch die Bosshard waren 1670 verschwunden, doch hat sich von diesem landauf landab überaus zahlreichen Geschlecht wieder ein Zweig in Opfikon niedergelassen.

In Oberhausen waren 1670 ansässig : Toggweiler, Gibel, Hintermeister, Isler, Meyer, Schellenberg und Wüst. Von diesen verschwanden bis 1710 nur die Namen Isler und Schellenberg, während neu die Bänninger und Beutler auftraten. Alle Geschlechtsnamen des genannten Jahres waren als solche von Bürgern der Zivilgemeinde Oberhausen im Jahre 1833 noch vorhanden. Dazu hatten sich neu eingestellt : Balderer, Butz, Hiltebrand, Kuffekam, Kuhn, Schmied, Schütz, Schwarz, Schweizer und Steidinger.

Die meisten der im Laufe der Zeit neuaufgetretenen Familien verraten durch ihren Namen, dass sie aus der Umgebung stammten, aus Kloten, aus andern Nachbargemeinden, aus dem Zürcher Unterland, seltener aus dem Oberland oder Knonauer Amt. Man darf sagen, dass die ganze Bevölkerungsbewegung bis in unser Jahrhundert hinein – soweit es sich um Einbürgerungen handelte – sehr übersichtlich blieb. Dabei können einige Geschlechter von Opfikon-Oberhausen ihr Heimatrecht bis in das späte Mittelalter zurückverfolgen, wie die Schweizer, Wismann und Wüst, während andere –etwa die Dübendorfer, Güttinger, Hintermeister, Hug, Wintsch, Toggweiler, Gibel und Meyer – immerhin 300 Jahre und mehr in der Gemeinde hausen und sich als «alte» Opfiker betrachten dürfen unter der riesigen Zahl neuzugewanderter Familien, denen heute die Wohngemeinde zur Heimat werden will.


Quelle: Opfikon Glattbrugg Oberhausen - Einst und jetzt 1969